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Mit Infografik

Fahren ohne Staplersünde

ca. 3 Minuten Lesezeit

Das Wichtigste im Überblick:

  • Wo lauern die Gefahren beim Fahren mit dem Gabelstapler, und welche „Staplersünden“ können schnell zu Unfällen führen? Mit Infografik als Download.
  • Wir zeigen auf, wie wichtig die vorgeschriebene Qualifizierung von Fahrerinnen und Fahrern sowie von Ausbilderinnen und Ausbildern ist und wie die BGHW ihre Mitgliedsbetriebe dabei – auch finanziell – unterstützt.
  • Eine gute Unterweisung des Bedienpersonals ist entscheidend, um die betrieblichen Gegebenheiten kennenzulernen und das Fahren sicher zu machen.
  • Marcus Gaub, Experte für Flurförderzeuge vom DGUV-Fachbereich Handel und Logistik, gibt Sicherheitstipps.

Das Fahren mit dem Gabelstapler ist bei falscher Bedienung und riskanter Fahrweise unfallträchtig: Allein im Jahr 2021 ereigneten sich in Deutschland laut DGUV-Statistik 15.383 meldepflichtige Unfälle mit diesen Flurförderzeugen, bei denen 11 Menschen starben. Umso wichtiger sind eine gute Qualifizierung des Fahrpersonals sowie ihrer Ausbilderinnen und Ausbilder. Durch regelmäßige Unterweisungen können Gefahren besser erkannt und gebannt werden.

Bei der täglichen Arbeit mit den wendigen Multitalenten sind in Lager- und Ladebereichen viele „Manöver“ nötig. Unfälle passieren schnell beim Heben und Senken von Lasten, beim Ein- und Auslagern von Gütern, beim Rangieren auf Laderampen oder beim Fahren über das Betriebsgelände. Besonders kritische Bereiche sind innerbetriebliche Kreuzungen sowie Türen, Tore, Durchfahrten und Treppenaustritte. Gefährdet sind vor allem Beschäftigte, die zu Fuß unterwegs sind.

Zu schweren Zusammenstößen kann es kommen, wenn getrennte Verkehrswege für den Stapler- und Fußgängerverkehr nicht beachtet oder übersehen werden. Personen können angefahren, überfahren oder eingequetscht werden. Unachtsamkeit, überhöhte Geschwindigkeit oder das Fahren trotz versperrter Sicht durch die Ladung sind häufige Unfallursachen. Auch das Abspringen vom Stapler kann für das Fahrpersonal böse enden – mit einem Bänderriss oder einer Sprunggelenkverletzung. Nicht zuletzt werden Transportgut und Lagereinrichtungen durch Unfälle beschädigt.

Kippgefahr!

⇒ Gabelstapler sind kippgefährdete Flurförderzeuge, vor allem bei Kurvenfahrten mit hoher Geschwindigkeit. Je enger die Kurve, desto größer ist die Kippgefahr – ohne Last noch wesentlich größer als mit Last.  „Kippgefährlich“ und zu unterlassen ist auch das Wenden an Steigungen, das Beschleunigen bei starkem Lenkeinschlag und hoch angehobener Last, das einseitige Auffahren auf Hindernisse, zum Beispiel Kanthölzer, sowie einseitiges Durchfahren von Vertiefungen.

⇒ Gabelstapler müssen daher mit einer Fahrerrückhalteeinrichtung ausgestattet sein. Dazu zählen Fahrersitzgurte, Bügeltüren oder geschlossene Fahrerkabinen. Sie verhindern, dass der Fahrer nach außen geschleudert wird und dabei vom kippenden Stapler schwer oder gar tödlich verletzt wird.

⇒ Kennen Sie schon unser Förderprogramm bei Neukauf und Nachrüstung von Fahrerrückhalteeinrichtungen für Gegengewichtsstapler? Sichern Sie sich als BGHW-Mitgliedsbetrieb unseren Zuschuss! Hier erfahren Sie mehr dazu.

Symbol mit einem Ausrufezeichen

Fahren will gelernt sein

Ein Ausbilder unterweist einen Gabelstaplerfahrer im Betrieb

Ein Kraftfahrzeug-Führerschein für Pkw oder Lkw berechtigt und befähigt nicht dazu, einen Gabelstapler zu fahren. Erforderlich ist zunächst eine allgemeine theoretische und praktische Ausbildung mit Prüfung („Staplerschein“). Ein weiterer Teil der Ausbildung findet im Rahmen der Einweisung und Unterweisung im Betrieb statt.

Bereits die Bauweise eines Staplers erfordert ein Umdenken beim Fahren im Vergleich zum Pkw oder Lkw. Zu den „Klassikern“ zählt hier der Gegengewichtsstapler: Durch seine Hinterachslenkung ist das Fahr- und Lenkverhalten anders als beim Lkw oder Pkw. Die Last wird am Hubmast gehoben und gesenkt sowie vor- und zurückbewegt. Die mit diesen Vorgängen verbundenen Schwerpunktänderungen des Gabelstaplers bringen nicht ausgebildetes Bedienpersonal schnell in kritische Situationen. So kann die Last bei falscher Handhabung und fehlender Sicherung zum Beispiel herunterfallen und andere Beschäftigte verletzen. In Kurven wirken die Fliehkräfte auf den Stapler ein. Beim Bremsen ist er den Trägheitskräften unterworfen. Beide Kräfte können die Ladung, oder noch schlimmer, den ganzen Stapler aus der Bahn werfen.

Checkliste: Betriebsanweisung und Unterweisung fürs Staplerfahren

Ordner mit Unterlagen zur Unterweisung im Betrieb
  • Der Fahrbetrieb ist durch Betriebsanweisungen zu regeln, in denen die wichtigsten Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln schriftlich zusammengefasst sind. Grundlage hierfür ist die Gefährdungsbeurteilung.
  • Hilfestellung beim Erstellen von Betriebsanweisungen bietet die Musterbetriebsanweisung für Gabelstapler. Zu berücksichtigen sind in jedem Fall die Sicherheitshinweise aus den Betriebsanleitungen der Hersteller von Staplern und Anbaugeräten.
  • Werden Anbaugeräte verwendet, müssen auch hierfür spezielle Betriebsanweisungen erstellt werden.
  • Anhand der Betriebsanweisungen sind Beschäftigte vor ihrem ersten Tätigwerden und danach mindestens einmal jährlich zu unterweisen.
  • Unterweisungen verantwortet der Unternehmer. Dieser kann sie an die Vorgesetzten der Staplerfahrerinnen und Staplerfahrer delegieren. Unterweisende müssen fachkundig sein, der Besitz eines Staplerscheins wird empfohlen.
  • Inhalt und Durchführung der Unterweisung müssen schriftlich festgehalten werden.
  • Zur Organisation und Dokumentation von Unterweisungen hält die BGHW für Ihre Mitgliedsunternehmen kostenlose Vordrucke im Medienshop bereit.
  • Der Unternehmer/Vorgesetzte muss sich durch stichprobenartige Kontrollen davon überzeugen, dass die von ihm in der Betriebsanweisung getroffenen Anordnungen von den Beschäftigten eingehalten werden.

BGHW fördert gute Ausbildung

Zur Erstzertifizierung von Ausbilderinnen und Ausbildern von Flurförderzeugfahrern bietet die BGHW ein Förderprogramm in Höhe von rund 500 Euro pro Person an. Durch die Zertifizierung können Ausbilder und Ausbilderinnen aus versicherten Unternehmen nachweisen, dass sie die Standards nach DGUV-Grundsatz 308-001 einhalten. Diese Standards garantieren ein hohes Ausbildungsniveau der Fahrer und Fahrerinnen.

Ein Gabelstaplerfahrer mit Helm sitzt auf einem Gabelstapler

Achtung, Staplersünden!

Können, Geschick und Sicherheitsbewusstsein sind beim Gabelstaplerfahren gefragt. Welche Fehler Staplerfahrer und -fahrerinnen im Arbeitsalltag unbedingt vermeiden sollten, zeigen fünf häufige Gabelstapler-Sünden:

Sünde 1: Zu schnell fahren

Der Zeitdruck in der Logistik ist groß; die Versuchung, mehr Gas zu geben, um einige Sekunden einzusparen, auch. Doch das kann schnell zum Verhängnis werden, wenn zum Beispiel plötzlich Personen, andere Fahrzeuge oder Hindernisse auf dem Fahrweg auftauchen. Immer auch an das Kipprisiko in Kurven denken! Deshalb müssen Staplerfahrerinnen und -fahrer die Geschwindigkeit den Gegebenheiten im Betrieb anpassen und vorausschauend fahren.  Dazu stets ausreichend Abstand zu anderen Fahrzeugen und Laufwegen halten und bremsbereit bleiben!

Grafik zeigt Gabelstaplerfahrerin, die zu schnell fährt. Einem Kollegen wird durch den Fahrtwind die Kappe weggeblasen. Überschrift: Sünde 1: zu schnell fahren. Richtig ist: Geschwindigkeit den Gegebenheiten im Betrieb anpassen und vorausschauend fahren.

Sünde 2: Rückwärtsfahren ohne hinzuschauen

Wenn die Sicht nach vorne durch die Last versperrt ist und sich der Fahrersitz nicht drehen lässt, hilft nur Rückwärtsfahren. Dabei unbedingt nach hinten schauen! Sonst ist es schnell passiert, dass der Stapler mit einem Hindernis zusammenstößt. Oder noch schlimmer: Ein Kollege oder eine Kollegin kommt unter die Räder. Deshalb wie beim Autofahren: immer in Fahrtrichtung blicken! Idealerweise sollten Ladungsgrößen und -formate so angepasst sein, dass ausreichende Sicht in Vorwärtsrichtung gewährleistet ist.

Grafik zeigt einen Gabelstaplerfahrer, der rückwärts fährt, aber nach vorne schaut, und dabei einen Kollegen anfährt. Überschrift: Sünde 2: Rückwärtsfahren ohne hinzuschauen. Richtig ist: Immer in Fahrtrichtung schauen.

Sünde 3: Lasten zu hoch transportieren

Beim Fahren mit hoch angehobener Last besteht Umsturzgefahr des Staplers, besonders wenn zu schnell gefahren wird! Die Last kann zudem herabstürzen, was zu Unfällen führt und die Ware beschädigt. Was vielen Staplerfahrerinnen und -fahrern nicht bewusst ist: Je höher die Last transportiert wird, desto größer ist die Gefahr, dass der Gabelstapler bei Lenkmanövern oder bei unebener Fahrbahn kippt. Damit die Fahrt sicher bleibt, Last immer bodennah transportieren. Beim Befahren von Strecken mit Gefälle oder Steigung ist die Last bergseitig zu führen.

Grafik zeigt Gabelstaplerin, die mit zu hoch angehobener Last mit dem Stapler kippt. Überschrift: Sünde 3: Lasten zu hoch transportieren. Richtig ist: Lasten bodennah transportieren.

Sünde 4: Gabeln bei Leerfahrten nicht absenken

Auch ohne Ladung darf grundsätzlich nicht mit angehobenen Gabeln gefahren werden. Kommt es während der Fahrt zu einem Unfall mit Fußgängern, können sie schwer verletzt werden. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Gabelzinken Lagereinrichtungen oder das Bauwerk beschädigen. Deshalb auch bei Leerfahrten Gabeln immer absenken. Generell gilt: Es dürfen nur die für Gabelstapler freigegebenen Verkehrswege befahren werden. Zur Sicherung der Gabelzinken und für bessere Sichtbarkeit ist im Straßenverkehr ein rot-weiß-gestreifter Gabelwarnschutzbalken nötig.

Grafik zeigt Gabelstaplerfahrer, der mit hochgestellten Gabeln beinahe eine Fußgängerin anfährt. Überschrift: Sünde 4: Gabeln bei Leerfahrten nicht absenken. Richtig ist: Gabeln bei Leerfahrten absenken.

Sünde 5: Schlüssel stecken lassen

Der Feierabend ruft, der Stapler wird abgestellt und der Schlüssel bleibt stecken. Eine Verlockung für Kolleginnen und Kollegen, das Staplerfahren einfach mal selbst auszuprobieren. Ein Unfall ist quasi vorprogrammiert. Deshalb ist es wichtig, den Gabelstapler vor dem Verlassen immer zu sichern: Feststellbremse anziehen, Gabeln auf Bodenhöhe absenken, Schlüssel abziehen und mitnehmen. Wichtig auch: Verkehrs- und Fluchtwege sowie Zugänge zu Sicherheitseinrichtungen und zu Betriebseinrichtungen, die jederzeit erreichbar sein müssen, nicht verstellen!

Grafik zeigt einen Gabelstaplerfahrer, der vergisst den Schlüssel beim geparkten Stapler abzuziehen. Überschrift: Sünde 1: Schlüssel stecken lassen. Richtig ist: Feststellbremse anziehen, Gabeln auf Bodenhöhe absenken und Schlüssel mitnehmen.

3 Fragen an … Marcus Gaub, Experte für Flurförderzeuge vom Fachbereich Handel und Logistik der DGUV

Marcus Gaub, Experte für Flurförderzeuge vom Fachbereich Handel und Logistik der DGUV
Marcus Gaub, BGHW

Zu schnelles Fahren führt immer wieder zu schweren Unfällen. Wie können Unternehmerinnen und Unternehmer am besten Einfluss auf die Geschwindigkeit des Staplerverkehrs nehmen?

Als Technische Maßnahme ist die Drosselung der Stapler zu empfehlen. Viele denken, dass sich langsam fahren nicht auszahlt, Tempo sich rechnet. Doch das Gegenteil ist der Fall: Fahrstress entsteht und die Unfallgefahr steigt. Fahren alle mit ähnlicher Geschwindigkeit, beschränkt auf maximal 10 km/h, wird der Betrieb insgesamt sicherer, und die Prozesse werden stabiler. Riskante Überholmanöver sind zum Beispiel nicht mehr möglich und auch Beinahe-Unfälle können so noch besser verhindert werden.

Welche weiteren Maßnahmen helfen dabei, den innerbetrieblichen Staplerverkehr sicher zu machen?

Grundlage ist immer die Gefährdungsbeurteilung mit Ableitung entsprechender Schutzmaßnahmen. So müssen die Verkehrswege für alle sicher gestaltet sein, die Stapler Instand gehalten und vor Fahrtantritt täglichen Sicherheitschecks unterzogen werden. Unternehmerinnen und Unternehmer müssen darauf achten, dass das Bedienpersonal eine gute Ausbildung und Eignung hat. Eine sorgfältige Einweisung, schriftliche Beauftragung und regelmäßige Unterweisung, besonders auch nach Unfallereignissen oder Beinahe-Unfällen, ist Pflicht und hilft, Unfälle zu vermeiden. Auch Kollisionswarner und Fahrerassistenzsysteme sind sehr empfehlenswert.

Und wenn es doch passiert und der Stapler kippt oder droht, zu kippen: Was sollten Fahrerinnen und Fahrer auf keinen Fall tun?

Auf keinen Fall sollten sie aus einem kippenden Fahrzeug springen. Das endet oft tödlich, weil sie dann unter den Stapler geraten und vom Fahrerschutzdach oder vom Mast gequetscht werden. Deshalb ist es auch so wichtig, dass das vorhandenen Rückhaltesystem bei jeder Fahrt genutzt wird. Ist zum Beispiel der Beckengurt nicht angelegt, wird man schnell hinausgeschleudert. Bei Unterweisungen sollte das immer Thema sein und auch konsequent kontrolliert werden. Vollkabinen und Bügeltüren sind gute Investitionen, um die Sicherheit zu erhöhen, und werden von der BGHW gefördert.

 

Sie möchten mehr zum sicheren Umgang mit Gabelstaplern wissen? Dann finden Sie Fachinformationen, das interaktive „Sichere Lager“ mit vielen Bildern und Filmen sowie unsere Seminarangebote im Themenfeld „Flurförderzeuge“ im Kompendium Arbeitsschutz der BGHW (zur optimalen Ansicht im Desktop öffnen).

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