Das Wichtigste in Kürze
- Nützliche Tipps im Umgang mit dem Pedelec: In Hamburg lernten Gewinnerinnen und Gewinner des GIB MIR NULL!-Fahrradquiz, wie man richtig mit den motorisierten Bikes umgeht
- Begleitet wurden sie von den Fahrrad-Trainern Thomas Springer und Berend Meyer
- Nach der Theorie und einem Fahrsicherheitstraining über einen Parcours brachen alle Teilnehmenden zu einer Fahrradtour durch die Hansestadt auf
Lernen von den Profis – das konnten beim großen Pedelec-Fahrradsicherheits-Training in Hamburg nun die Gewinnerinnen und Gewinner des GIB MIR NULL!-Fahrradquiz. Triathlet Thomas Springer und Berend Meyer vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat gaben Tipps fürs sichere Fahren mit dem Pedelec.
Pedelec fahren will gelernt sein
Auf den Sattel schwingen, in die Pedale treten und mit dem Turbo an allen vorbeisausen: Pedelec-Fahren macht Spaß, ist schnell und die Bedienung kinderleicht – eigentlich. Doch wer mit dem elektronisch unterstützten Fahrrad unterwegs sein will, der muss viele Verhaltensregeln beachten. Beim großen Pedelec-Fahrsicherheits-Wochenende in Hamburg wurden die Gewinnerinnen und Gewinner des GIB MIR NULL!-Fahrradquiz verkehrssicher gemacht. Denn aufgrund der hohen Unfallzahlen auf dem Weg zu und von der Arbeit ist die Verkehrssicherheit der BGHW ein wichtiges Anliegen.
Besser Vorsicht als Nachsicht
Immer mehr Menschen fahren mit dem Pedelec zur Arbeit oder nutzen es sogar als Job-Bike. Doch damit steigt auch die Zahl der Pedelec-Unfälle. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren es im Jahr 2014 noch 2.245 Unfälle. Bereits 2021 musste die Polizei schon 17.285 Pedelec-Unfälle melden. Und das durchschnittliche Alter der Menschen, die auf dem Pedelec verletzt oder getötet wurden, ist dabei gesunken: Immer mehr junge Menschen verunfallen.
Sich nicht überraschen lassen
Ein Pedelec verhält sich anders als ein nicht motorisiertes Fahrrad: Es ist schwerer, hat einen längeren Bremsweg und kann deutlich schneller hohe Geschwindigkeiten erreichen. „Alles gar nicht so einfach“, stellt auch Yvonne Reichstein fest. Sie ist eine der Gewinnerinnen, die beim GIB MIR NULL!-Quiz alle Häkchen richtig gesetzt hatte und zum Fahrsicherheitstraining nach Hamburg eingeladen wurde. Beim Selbstversuch mit dem Bike im Parcours wird sie sich über Gefahrensituationen bewusst: „Auch ich musste schon ausweichen. Blumenkübeln, spielenden Kindern. Das war alles immer recht abenteuerlich und so gesehen auch für alle Beteiligten gefährlich“, sagt Reichstein.
Gewappnet sein
Bei Gefahren ausweichen können, das Bike im Slalom um Hindernisse herummanövrieren und dabei in jedem Fall fest im Sattel bleiben. Gar nicht so einfach. Erst recht, wenn man das vorher noch nie gemacht hat. „Es sind Extremsituationen, auf die man sich aber gezielt vorbereiten kann“, versichert Berend Meyer vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR). An diesem Morgen verteilt er die kleinen bunten Hütchen in engem Abstand auf dem Parkplatz des Hamburger Hotels. Sie sollen später parkende Autos, Hindernisse und spielende Kinder symbolisieren.
Wer auf dem Pedelec keinen Unfall erleben will, darf sich von ungewohnten Situationen nicht überraschen lassen und sich am besten mit den Gegebenheiten seiner Strecke im Vorfeld einmal vertraut machen, so die Empfehlung des Experten.
Auch Fahrrad-Trainer und Sporttherapeut Thomas Springer ist bei dem Termin in Hamburg dabei. Er rät: „Wenn man beispielsweise mit dem Pedelec zur Arbeit fahren möchte, ist es hilfreich, die Strecke an einem verkehrsberuhigten Tag einmal abzulaufen.“ Dann nämlich könnten Gefahrenstellen wie beispielsweise Straßenbahnschienen, Straßenkreuzungen, Parkplätze oder Einfahrten schon vor der ersten Fahrt ausgemacht werden. „Wer im Kopf mögliche Szenarien durchgeht, der weiß, was ihn erwarten könnte und kann sich gedanklich rüsten“, so Springer. Ein Tipp, den der ehemalige Triathlet selbst vor jedem seiner Wettkämpfe berücksichtig hat. Das habe ihn schon vor schlimmen Zusammenstößen bewahrt.
Auf dem Fahrrad Gewinner sein
In Hamburg geben Springer und Meyer nützliche Tipps im Umgang mit dem Pedelec. Die beiden Experten empfehlen, immer ehrlich zu sich selbst zu sein. Wer mit dem Pedelec unterwegs sein möchte, sollte sich nicht nur auf den elektronischen Antrieb verlassen. Er sollte auch selbst körperlich fit sein. „Wer Probleme mit dem Rücken oder dem Nacken hat, seinen Kopf nicht entsprechend drehen kann, der ist tendenziell mehr gefährdet, in Unfälle verwickelt zu sein“, so Meyer. „Es gibt noch viele weitere Faktoren, die Unfallursachen sein können. Beispielsweise nicht angepasste Geschwindigkeit.“ Durch die elektronische Tretunterstützung bis maximal 25 km/h werde man dazu verleitet, mit dem Pedelec zu schnell zu fahren. Es gelte sich selbst zu disziplinieren.
Und Thomas Springer weiß, dass es schon die halbe Miete ist, das eigene Rad gut zu kennen: „Wer sich mit seinem Modell vertraut macht, ist für den Straßenverkehr gewappnet.“ Es gelte beispielsweise im Vorfeld herauszufinden, wie das Bremsverhalten des eigenen Drahtesels ist. „Denn jedes Fahrrad ist anders“, betont der Triathlet.
Die Sache mit dem Abstand
Mitunter der wichtigste Hinweis: Ein zu geringer Abstand kann zum Problem werden. „Bremst mein Vordermann abrupt ab, kann ich selbst nicht mehr ausweichen und fahre auf“, sagt Thomas Springer. Das kenne er aus seiner aktiven Zeit beim Triathlon nur zu gut. Wer im Pulk fahre, sei seinen Mitfahrenden ausgeliefert. Daher gelte: „Generell Abstand halten, umso mehr, wenn man unsicher ist.“
Bei zahlreichen Pedelec-Unfällen spiele auch Alkohol eine Rolle. „Nicht mal unbedingt immer vom Fahrer selbst. Auch alkoholisierte Fußgänger sind unberechenbar und eine Gefahr für die Radler“, mahnt Berend Meyer. Es gelte also immer das Umfeld im Blick zu haben.
Sicherheit ist Kopfsache
Selbst wenn Yvonne Reichstein zu Beginn noch etwas unsicher im Umgang mit ihrem Pedelec ist, in Sachen Ausrüstung hat sie alles richtig gemacht. Ihr privater Fahrrad-Helm, den sie zum Training nach Hamburg mitgebracht hat, ist up to date.
Reichstein hat auf das Prüfzeichen mit der Europanorm DIN EN 1078 (CE) geachtet. Es ist meist im Inneren der Kopfschale angebracht. „Wird ein Helm ohne dieses Siegel angeboten, sollte man die Finger davon lassen“, sagt Berend Meyer. Denn nur bei geprüften Helmen könne man sicher sein, dass sie den grundlegenden Sicherheitsanforderungen entsprechen.
„Ein guter Helm hat außerdem wirksame Lüftungsöffnungen, auf der Helminnenseite Luftkanäle und ein einfach zu verstellendes Riemensystem mit breitem Befestigungsband. Seine Größe muss der Kopfform des Trägers anpassbar sein. Der Kopfring des Helmes macht dies spielend möglich“, so der DVR-Experte weiter. Die Verstellschnallen sollten sich einfach, aber nicht zu leicht einstellen lassen, sodass der Helm fest auf dem Kopf sitzt, ohne zu wackeln. Und: „Nach einem Sturz müssen Helme in jedem Fall ersetzt werden. Auch wenn äußerlich keine Beschädigungen erkennbar sind, ist ihre Schutzwirkung danach stark eingeschränkt.“
Zum Download – Infografik: So trägst du deinen Fahrradhelm richtig
Unbeschadet durch den Parcours
Nach und nach absolvieren die Teilnehmenden in Hamburg ihre Slalomfahrt durch den Parcours. Hin und wieder wird es wackelig, doch alle kommen unbeschadet durch. „Das macht schon stolz. Ich bin jetzt über 50 und habe das alles immer sehr locker gesehen. Meinen Helm habe ich meist im Fahrradkorb spazieren gefahren. Das wird sich nun ändern“, sagt Teilnehmerin Natja Schmitz. Die Gewinnerin hat gleich mehrere Schlüsselmomente beim Fahrradsicherheitstraining erlebt: „Ich wäre zweimal beinahe vom Rad gefallen, konnte den Lenker zwar noch herumreißen, war aber froh, den Helm aufzuhaben. Das gab mir ein Gefühl von Sicherheit.“
Gemütliche Atmosphäre
Beim Fahrradsicherheitswochenende in Hamburg geht es zwar auch ums Lernen – es gibt theoretischen Unterricht, interaktive Lehreinheiten und das Training. Natürlich bietet sich den Teilnehmenden aber auch immer wieder die Möglichkeit, beim gemeinsamen Essen oder dem Joggen am frühen Morgen ins Gespräch zu kommen. Der Höhepunkt ist die Fahrradtour durch die Hansestadt.
Ab auf die Piste
Im Tross geht es für die Teilnehmenden über den Steinwerder Damm bis zum Stage Theater, mit dem großen Aufzug hinunter in den Alten Elbtunnel. Entlang der Landungsbrücken, über den Kiez von Sankt Pauli, durchs Komponistenquartier, in die Stadt zum Rathaus und über die Hafencity zurück zum Hotel.
Fünf Stunden ist die Truppe unterwegs. Schweißtreibend ist es, aber auch entspannt. Die unzähligen Fußgänger und Fußgängerinnen fordern die Teilnehmenden auf ganzer Strecke. Der Stoff der Theoriestunde kann so gleich in der Praxis angewendet und erprobt werden. Es herrscht ein netter, vor allem umsichtiger Umgang. Nicht nur für sich selbst, auch für die anderen denken die Radfahrer und Radfahrerinnen mit. Das bedeutet zum Beispiel auch, auf kleinen Verkehrsinseln an roten Ampeln für andere Platz zu machen. Thomas Springer findet für das Fahrverhalten lobende Worte: „Es waren echt ein paar knifflige Stellen dabei, aber alle haben das mit Bravour gemeistert. Sie können stolz auf sich sein.“
Das verkehrssichere Pedelec – die Tipps der Experten
So ist Ihr Pedelec immer sicher ausgestattet:
- zwei unabhängig voneinander wirkende Bremsen
- eine wirkungsvolle und helltönende Klingel
- ein weißer Scheinwerfer vorne mit Standlicht-Funktion, in den ein weißer Rückstrahler, der nach vorne wirkt, integriert ist
- eine rote Schlussleuchte mit Standlicht- und Bremslichtfunktion (vor Antritt der Fahrt darauf achten, dass diese sauber ist)
- Reflexstreifen und Speichenrückstrahler, auch reflektierende Speichen oder Speichenhülsen sind empfehlenswert
- Rückstrahler an den Pedalen
- für die Radfahrerin oder den Radfahrer: Reflektoren an Kleidung und Helm