Nicht nur die Haut, auch die Augen sind der UV-Strahlung ausgesetzt. Deshalb sollten Beschäftigte an hellen Tagen draußen eine Sonnenbrille tragen. Wenn es die Gefährdungsbeurteilung ergibt, sind diese sogar als Persönliche Schutzausrüstung (PSA) vorgeschrieben. Zuvor ist vom Betrieb zu prüfen, ob technische oder organisatorische Schutzmaßnahmen infrage kommen.
Die Pupille zieht sich immer weiter zusammen, trotzdem fallen gleißende Sonnenstrahlen ins Auge. Wer so geblendet ist, greift nach der Sonnenbrille. Hoffentlich auch am Arbeitsplatz.
Bekannt ist: Starke Sonnenstrahlung kann Hauterkrankungen, sogar tödlichen Krebs verursachen. Für Menschen, die viel draußen arbeiten und sich insbesondere in den Sommermonaten unter der Mittagssonne aufhalten, besteht das Risiko, an hellem Hautkrebs zu erkranken. Dieser Krebs steht im Baugewerbe inzwischen auf Platz eins der gemeldeten Verdachtsfälle einer Berufskrankheit. Auch bei Mitgliedsbetrieben der BGHW wird der Schutz vor natürlichen ultravioletten Strahlen, kurz UV-Strahlen, immer wichtiger genommen und Schutzmaßnahmen getroffen.
Sonnenbrand der Augen
Nicht nur die Haut, auch die Augen sind der UV-Strahlung ausgesetzt. Also stellt sich die Frage, ob die Gefahr einer Schädigung auch hier gilt. Die Antwort: Ja. Aber wie beim Verbrennen der Haut bemerkt man einen „Sonnenbrand“ der Augen zu spät. Die Symptome sind ähnlich: Rötung und Jucken. Zudem reagieren die Augen empfindlicher auf Licht als sonst. Sie sollten ein paar Tage Sonnenpause bekommen, bis sich ihre äußerste Schicht, die Hornhaut, erholt hat.
Besonders wenn UV-Licht von hellen Flächen reflektiert wird, kommt es zu einer „Schneeblindheit“, verbunden mit starken Schmerzen und dem Gefühl, Sand in den Augen zu haben. Falls sich eine Bindehautentzündung entwickelt, am besten eine Apotheke oder eine augenärztliche Praxis aufsuchen. Auch wenn die Beschwerden dann erst einmal verschwinden, können Strahlen Langzeitschäden an den Augen auslösen – den grauen Star, eine fortschreitende Eintrübung der Linse, wodurch die Sehkraft nachlässt.
Wer sich klarmacht, wie wichtig das Sehen ist, macht keine Kompromisse beim Augenschutz. Fast 80 Prozent der Informationen, die wir über unsere Sinne aufnehmen, erhalten wir über die Augen: Licht fällt durch Hornhaut und Linse auf die innen liegende Netzhaut, wird biochemisch verarbeitet und über den Sehnerv ins Gehirn übertragen, sodass vor unseren Augen bunte, dreidimensionale und detaillierte Bilder entstehen.
Blinde Momente mit Risiko
Ein Wunderwerk wie das Auge hat Tricks, um sich zu schützen. Je mehr Licht auftrifft, desto enger wird die Pupille und schützt so die empfindliche Netzhaut. Auf Blendung reagiert das Auge mit einem unwillkürlichen Reflex: dem Lidschluss. So ein „blinder Moment“ kann zu einem Unfall führen, wie André Stück erklärt, der Mitgliedsbetriebe der BGHW betreut, die in Häfen Waren verladen und transportieren: „Wer mit einem Umschlaggerät, Gabelstapler oder Lkw unterwegs ist, wenn plötzlich zwischen den Containern die Sonne durchbricht, verliert durch die Blendung kurzzeitig seinen wichtigsten Sinn zum Führen des Fahrzeugs: die Sehfähigkeit. Da reichen getönte Scheiben als Blendschutz nicht mehr aus.“
Trotzdem tragen die meisten Beschäftigten in den Hafenanlagen keine Sonnenbrillen. „Im Containerbereich gibt es viel Schattenwurf, außerdem müssen immer wieder Papiere gelesen oder Datenfunkgeräte bedient werden, da stört so eine Brille eher“, berichtet Stück. In vielen Bereichen der Häfen gilt zudem eine Tragepflicht für Schutzhelme oder Anstoßkappen, deren Schirme den Augen etwas Schatten bieten. Schutz vor UV-Strahlung gibt das jedoch nicht. Ebenso wenig wie eine Sonnenbrille ohne UV-Filter.
„Filterlose Modelle sind sogar gefährlich“, erklärt der Facharzt für Arbeitsmedizin und Innere Medizin, Dr. Peter Schiefen. „Die Tönung der Brille hebelt den Schutzreflex der Pupillen aus, die weit geöffnet bleiben. UV-Licht dringt ungehindert in das Auge ein und schädigt es.“ Der BGHW-Experte empfiehlt beim Kauf einer Sonnenbrille unbedingt darauf zu achten, dass sie einen UV-Schutzfilter hat, gut passt und auch seitlich vor dem Eindringen von Strahlen schützt.
Kein Stress mit dem Licht
Grundsätzlich rät er, sich an hellen Tagen draußen das Tragen einer Sonnenbrille anzugewöhnen. „Das ist für die Augen weniger anstrengend und man fühlt sich insgesamt weniger gestresst. Die Empfehlung gilt nicht nur für die Mittagszeit an einem strahlenden Sommertag, wenn die UV-Strahlung am intensivsten ist, sondern auch bei diffusem Licht. Die Sonnenbrille sorgt für Schutz und trägt langfristig zu einer guten Sehkraft bei“, so der Mediziner. Besonders geeignet sind grau oder braun getönte Gläser. Andere Tönungen können das Erkennen von Farben einschränken, beispielsweise auf Verkehrsschildern. Für die Wahl der Filter ist zu beachten: Sind sie zu dunkel, können Lichtsignale oder Bewegungen übersehen werden. „Viel hilft viel“ gilt hier also nicht.
Was bei der Wahl einer Sonnenbrille noch zählt, ergänzt der BGHW-Experte Chris Schreiber: „Neben dem UV-Filter kommt es auf die Schutzstufe an.“ Der Fachmann für Persönliche Schutzausrüstung (PSA) rät bei normalen Anforderungen zu „5-2,5“. Die 5 steht für eine Sonnenschutzstufe und die 2,5 für eine Filterstärke, der in Mitteleuropa ausreichend ist. Für Arbeiten in Hochgebirgen, an Schnee- oder Wasserflächen ist die Schutzstufe 5-3,1 zu empfehlen. Filter ab Stufe 4,1 sind zu dunkel und deshalb nicht zum Führen von Fahrzeugen geeignet. Wer wegen einer Sehschwäche ohnehin Brille trägt, sollte sich eine Sonnenbrille mit passender Korrekturstärke anschaffen.
Privatangelegenheit oder PSA?
Moment, wenn es um PSA geht, ist doch der Betrieb für die Anschaffung zuständig! Stimmt, wenn die Gefährdungsbeurteilung ergeben hat, dass dieser persönliche Schutz bei einer bestimmten Tätigkeit erforderlich ist. Zuvor ist vom Betrieb zu prüfen, ob technische oder organisatorische Schutzmaßnahmen infrage kommen. Wenn es um natürliche UV-Strahlung geht, können zum Beispiel Sonnensegel Schatten spenden oder es werden Außenarbeiten in die Morgen- und Abendstunden verlegt.
In der Gefährdungsbeurteilung ist UV-Strahlung bei regelmäßigen und länger andauernden Tätigkeiten im Freien zu berücksichtigen – im Schnitt mehr als eine Stunde pro Tag – zwischen 11 und 16 Uhr. „Bisher steht der Hautschutz dabei im Mittelpunkt“, merkt der Arbeitsmediziner Dr. Schiefen an. „Dem Schutz der Augen sollten alle Beteiligten mehr Aufmerksamkeit schenken.“
Falls es die Gefährdungsbeurteilung ergibt oder sich Arbeitgebende grundsätzlich entschließen, ihren Beschäftigten für Arbeiten im Freien Sonnenbrillen zur Verfügung zu stellen, gilt: Gewerblich genutzte Sonnenbrillen müssen den Normen DIN EN 166 für allgemeinen Augenschutz und DIN EN 172 für Sonnenschutz genügen und entsprechend gekennzeichnet sein. Zur Auswahl gibt der PSA-Experte Schreiber noch einen Tipp: „Beziehen Sie die Beschäftigten ein und informieren Sie, warum das Tragen des Sonnenschutzes wichtig ist. Nur was akzeptiert wird, wird auch getragen.“ Das gilt auch für Sonnenbrillen. Einen gewissen Coolness-Faktor sollten sie haben, gerade bei der Arbeit.
Checkliste Auswahl Sonnenschutzbrille
- Normen DIN EN 166 für allgemeinen Augenschutz und DIN EN 172 müssen erfüllt sein und die Brille entsprechend gekennzeichnet
- UV-Schutzschutzstufe und Filterstärke nach Anforderung wählen, in der Regel Stufe 5 und Filter 2,5 (Kennzeichnung 5-2,5)
- Grau oder braun getönte Gläser wählen
- Seitlicher Schutz vor Lichteinfall bedenken
- Auf gute Passform achten, am besten verstellbare, leichte Modelle anbieten
- Im Einzelfall klären, ob Korrekturgläser notwendig sind