Das Wichtigste im Überblick
- Mehr als 34.400 Auszubildende verunglückten in Deutschland 2021 bei der Arbeit.
- Um Berufseinsteiger für Gefahren, Risiken und Sicherheit am Arbeitsplatz zu sensibilisieren, entwickelt die BGHW das Qualifizierungsprojekt „Sicherheit und Gesundheit für junge Beschäftigte“.
- Erklärtes Ziel: Junge Menschen über die Phase der Ausbildung hinaus als Multiplikatoren für die Themen Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu begeistern
- Partnerin in der Pilotphase ist die Collin-Gruppe, ein Großhandel für Haus- und Gebäudetechnik, deren Auszubildende an der Qualifizierung teilnehmen und Feedback geben.
Vielen jungen Menschen sind die Gefahren und Risiken des Berufslebens nicht bewusst. Tausende Auszubildende verunglücken Jahr für Jahr bei der Arbeit. Um dem entgegenzusteuern, entwickelt die BGHW für ihre Mitgliedsbetriebe Qualifizierungsmodule. Rund 35 junge Berufseinsteiger der Firma Collin in Duisburg nehmen am Pilotprojekt teil.
Mehr als 34.400 Auszubildende verunglückten in Deutschland 2021 bei der Arbeit. Das zeigt ein Blick in die meldepflichtigen Unfallzahlen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). „In der Ausbildung bewegen sich junge Menschen in einer neuen Umgebung, die sie oft nicht richtig einschätzen. Je früher sie Risiken und Gefährdungen erkennen und dagegen die richtigen Maßnahmen ergreifen können, umso länger bleiben Sie langfristig fit und motiviert“, betont Norbert Woehlke, BGHW-Referent für Qualifizierungsangebote. Um Berufseinsteiger für Gefahren, Risiken und Sicherheit am Arbeitsplatz zu sensibilisieren, entwickelt die BGHW das Qualifizierungsprojekt „Sicherheit und Gesundheit für junge Beschäftigte“. Eines der Ziele ist es, junge Menschen über die Phase der Ausbildung hinaus als Multiplikatoren für die Themen Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu begeistern. Partnerin in der Pilotphase ist die Firma Collin, ein Großhandel für Haus- und Gebäudetechnik, im Ruhrgebiet.
BGHW-„mobil“ sorgt für Action
Am zweiten von vier Projekttagen ist zur Begeisterung der Collin-Youngster in Duisburg auch das „mobil“ der BGHW am Start. Hier ist Action angesagt. Von den vielseitigen Mitmach-Aktionen sind die Teilnehmenden offensichtlich beeindruckt. Mit an Bord: Pedelec-Bikes mit ABS-Bremssystemen und E-Scooter, Fahrradhelme, Arbeitsschuhe, ein Rutschsimulator für den Abriebtest der Schuhe sowie ein Lagersimulator: Mithilfe von VR-Brillen geht’s hier virtuell durch ein Lager. Für die rund 35 Auszubildenden, die von verschiedenen Collin-Standorten nach Duisburg gekommen sind, ist mit dem BGHW-„mobil“ Selbsterfahrung in Theorie und Praxis und in virtueller Realität angesagt. So auch für Niklas, der auf den Rutschsimulator steigt. Hoch konzentriert und gut gesichert setzt der 20-Jährige einen Fuß vor den anderen. Während der Weg durch das steigende Laufband immer steiler wird, testet Niklas vorsichtig, ob er wegrutscht oder weitergehen kann - das hängt vom Profil seiner Arbeitsschuhe ab. Eine von vielen wichtigen Erfahrungen, die die angehende Fachkraft für Lagerlogistik am „mobil“ sammelt. „Verrückt, wie sich das anfühlt,“ sagt er.
Auf der Suche nach Stolperfallen
Seine Kollegin Vivien ist mit der VR-Brille ausgestattet und wandelt gut gesichert virtuell durchs Lager: Den Joystick in der Hand, bewegt sie sich in der Halterung des Virtualizers nach allen Seiten und sucht Stolperfallen, die im Alltag häufig zu Unfällen führen. „Krass. Das ist schon ein komisches Gefühl, total spannend. Ich nehme viel mit für die Arbeit und den Alltag“, schwärmt die angehende Kauffrau für Groß- und Außenhandelsmanagement.
Ob Bremsproben mit dem Pedelec, Informationen zur Haltbarkeit von Fahrradhelmen oder Unfallrisiken auf dem Weg zur Arbeit oder Berufsschule: Intensiv beschäftigen sich die Collin-Auszubildenden mit den Themen Sicherheit und Gesundheit und vielen Aspekten, die für den sicheren Weg zur Arbeit und gesundes Arbeiten in Büro und Lager bedeutend sind. Technische, organisatorische und persönlichen Maßnahmen stehen bei der Teamarbeit im Fokus. Eine Kernaufgabe des Tages: „Entwickeln Sie für die Auszubildenden, die ab Sommer bei Collin neueinsteigen, Empfehlungen für einen sicheren Weg zur Arbeit.“ Hoch konzentriert und voller Eifer erarbeiten die Teams Pro und Contra zum Einsatz von Pkw und Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs, diskutieren über Verkehrsmittel, Kosten und Sicherheitsaspekte. Abschießend stellen sie in großer Runde ihre Ergebnisse vor.
Arbeitssicherheit in den Köpfen halten
Über die Basics zum Thema Arbeitsschutz informiert BGHW-Aufsichtsperson Michael Beckmann. Er begleitet die Collin-Gruppe und steht als Ansprechpartner der BGHW in Fragen zu Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz zur Seite. Seine Botschaft an die Auszubildenden: Auch in stressigen Situationen immer erst den Kopf einschalten und nicht hektisch werden. „Viele von unseren Auszubildenden haben noch keinen Zugang zu den Gefährdungen im Betrieb und oder außerhalb im Alltag. Wir möchten das Thema Arbeitssicherheit in den Köpfen halten und arbeiten kontinuierlich in alle Richtungen daran. Daher freuen wir uns über die Zusammenarbeit mit der BGHW und die Erkenntnisse in diesem Projekt“, stellt Torben Holthausen, Beauftragter für das Collin-Qualitätsmanagement und Ausbilder für Fachkräfte für Lagerlogistik fest. „Wer kompetent und aufmerksam ist, ist in der Lage, mit schwierigen Themen umzugehen und entsprechend zu handeln“, sagt der Profi.
Grundlagen für jede Berufsausbildung
Auch Ausbildungsleiterin Stefanie Jansen ist von den interaktiven Seminarangeboten begeistert. „Die Gesundheit unserer Auszubildenden steht bei Collin vom ersten Arbeitstag an im Fokus. Und das Qualifizierungsprojekt der BGHW ist eine hervorragende Ergänzung zu unseren Inhalten“, ergänzt die Ansprechpartnerin für die über 100 Auszubildenden der Collin-Gruppe. Zumal die BGHW-Qualifizierung branchenübergreifend an die Ausbildungsverordnungen anknüpfe. Denn gesundheitsbewusstes Verhalten und die Verantwortung für die eigene Sicherheit und Gesundheit – auch im Umgang mit anderen – gehören zu jeder Berufsausbildung, machen Norbert Woehlke und Stefanie Hobrack-Zscheich, BGHW-Referentin für Angebotsentwicklung, deutlich. „Die Themen Sicherheit und Gesundheit kommen in allen Ausbildungsverordnungen vor und sind für alle Ausbildungen gleich.“ Torben Holthausen verbindet mit dem Seminar noch eine besondere Hoffnung: „Wenn ich einen Wunsch frei hätte: Dann, dass sich nach all diesen Informationen ein Auszubildender meldet, der oder die als Sicherheitsbeauftragte oder Ersthelfer bzw. Ersthelferin aktiv werden möchte.“
Fachgroßhandel Collin
Die Collin-Gruppe ist ein Großhandelsunternehmen für Haus- und Gebäudetechnik im Ruhrgebiet. Der Spezialist für die Gewerke Sanitär, Heizung, Installation, Klima, Lüftung und Elektro zählt mehr als 900 Beschäftigte und über 100 Auszubildende an 60 Standorten in Nordrhein-Westfalen.
Interview mit Norbert Woehlke, BGHW-Referent für Angebotsentwicklung
Was ist das Ziel des BGHW-Qualifizierungprojektes für junge Beschäftigte?
Sicherheit und Gesundheit sind für junge Menschen auf den ersten Blick ja scheinbar Langweilerthemen. Doch gerade Auszubildende und junge Berufseinsteiger verunglücken sehr häufig. Die Unfallzahlen sprechen für sich. Außerdem können gerade junge Beschäftigte viel tun, um langfristig gesund zu bleiben. Deshalb möchten wir sie so früh wie möglich für Gefährdungen und Prävention sensibilisieren.
Wie möchten Sie junge Menschen für das Thema Arbeitsschutz gewinnen?
Mit jungen Menschen für junge Menschen: Wir ändern das Mindset. Das heißt, wir arbeiten gemeinsam an Haltung, Denkweise und implementieren bereits zu Beginn des Berufslebens eine gute Arbeitsschutz-Kultur. Sicherheit und Gesundheit sind die Grundvoraussetzungen für Erfolg und Spaß bei der Arbeit. Wenn wir Lust auf Arbeitsschutz wecken, können junge Beschäftigte mit gleichgesinnten Kolleginnen und Kollegen nachhaltig aktiv werden.
Wie erreichen die BGHW-Qualifizierungstools für junge Beschäftigte die BGHW-Mitgliedsunternehmen?
Ausbildende und Auszubildende können nach Aufarbeitung der Pilotphase Schulungseinheiten und Workshops auf der BGHW-Internetseite abrufen. Sie können dann selbstständig agieren, ohne dass die BGHW in Präsenz dabei sein muss. Die Konzepte werden klar strukturiert und gebrauchsfertig sein. Wer Bedarf hat, klickt ins digitale BGHW-Regal und wird schnell fündig werden: Die Tools und Medien werden getestet, geprüft und gleich einsetzbar sein.