Das Wichtigste im Überblick
- Beim Handeln von chemischen Produkten wie Schmierstoffen bestehen ganz eigene Risiken.
- Die wenigen Unfälle passieren bei Fuchs Lubricants Germany oft dort, wo nichts passieren dürfte. Ursache ist beispielsweise Unachtsamkeit.
- Mit regelmäßigen BBS-Trainings und ständigen Verbesserungen werden Restrisiken immer weiter minimiert.
Fuchs Lubricants Germany handelt mit Schmiermitteln und anderen flüssigen Stoffen. Klar, dass es dabei auch mal rutschig und damit gefährlich werden kann. Doch durch sorgfältiges Sicherheitsmanagement entschärft das Unternehmen die verschiedenen Sturzgefahren immer weiter.
Auf den ersten Blick wirkt der hohe, fensterlose Raum wie aus einem Science-Fiction-Film: Ein Dickicht von schwarz glänzenden Schläuchen schlängelt sich über den Boden. Aus den Wänden ragen unzählige Füllstutzen. Die feuchtwarme Luft riecht nach Öl. Doch stehen wir hier nicht in einem Raumschiff – sondern mitten in einem sogenannten Schlauchbahnhof im Norden von Mannheim, wie sich am Dialekt der ringsum Beschäftigten schnell feststellen lässt. Der Schlauchbahnhof bildet das pumpende Herz im Hauptquartier von Fuchs Lubricants Germany. Auf der Friesenheimer Insel werden die Produkte des Unternehmens bereits seit den späten 1930er Jahren für verschiedene Kunden und Einsatzbereiche gemischt und in die Bereiche geleitet, wo sie abgefüllt, verladen oder in Hochregallager transportiert werden.
Die Fuchs Lubricants Germany GmbH
- ist ein Unternehmen der FUCHS-Gruppe, das verschiedene Schmierstofflösungen anbietet, zum Beispiel automotive Anwendungen, Industrieöle und Stoffe für Spezialanwendungen.
- Der Firmensitz liegt in Mannheim, weitere Standorte finden sich in Bremen, Dohna, Hamburg, Kaiserslautern, Kiel und Wedel. Insgesamt beschäftigt Fuchs in Deutschland rund 1400 Menschen.
- 2021 gewann die damalige Fuchs Schmierstoffe GmbH Mannheim für ein Projekt den BGHW-Präventionspreis Goldene Hand.
Nach und nach gewachsene Anlagen
Über die letzten Jahrzehnte ist das Werk um den Schlauchbahnhof herum ständig erweitert worden. Das stellt eine Herausforderung in Sachen Sicherheit dar: „Die heute konzipierten und gebauten Werke haben von vornherein einen viel höheren Automatisierungsgrad – da gibt es keinen Schlauchbahnhof mehr, sondern digital gesteuerte Leitsysteme, die meist ohne Schläuche auskommen. Hier in Mannheim machen wir immer noch viele manuelle Zugaben – das sind vor allem flüssige Stoffe, oft auch noch erwärmt, die aus Fässern kommen“, erklärt Kay-Peter Wagner, Geschäftsführer von Fuchs Lubricants Germany.
Ein eigenes Sicherheitsnetzwerk
An sieben Produktions- und Vertriebsstandorten in ganz Deutschland sorgt Fuchs Lubricants Germany mit rund 3.000 Schmierstoff-Produkten dafür, dass es in Bereichen wie Maschinenbau und Metallverarbeitung, Land- und Forstwirtschaft oder auch Luft- und Raumfahrt reibungslos läuft. Die insgesamt etwa 1.400 Beschäftigten werden dabei durch ein Netzwerk von Sicherheitsfachleuten betreut. Jörg Folz, der diesen Themenbereich in Mannheim und darüber hinaus koordiniert: „Mit mir gibt es drei standortübergreifende Sicherheitsfachkräfte sowie vier Sachbearbeitende und dann noch knapp 50 Sicherheitsbeauftragte an den einzelnen Standorten. Das zieht sich durch alle Abteilungen: vom Labor über die Produktion bis in die Verwaltung.“
Täglich neue Erfahrungswerte und Umstufungen
Gefahrenstoffe gibt es in einem Chemiebetrieb an vielen Orten. Da heißt es, am Ball zu bleiben: „Wir haben 3.000 Einsatzstoffe, da ist immer Bewegung drin, denn es gibt quasi täglich neue Erkenntnisse und Umstufungen aufgrund neu festgelegter Grenzwerte“, so Jörg Folz. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Transport an sich – die Produkte werden über Leitungen sowie mit Staplern und Lkw auf dem Gelände und darüber hinaus bewegt. Dabei lassen sich Verunreinigungen nie ganz ausschließen: „Da wird dann sofort professionell gereinigt, mit einem speziellen Fahrzeug, wie man es auch von Unfallstellen auf der Autobahn kennt, und selbst hergestellten Reinigungsmitteln.“
Der funktionierende und sichere Mittelweg
Um Rutschgefahren weiter zu bändigen, wurde auch schon mit Bodenbeschichtungen experimentiert – mit mehr oder weniger Erfolg: „Das Problem ist immer: So etwas hält nie dauerhaft. Es wird porös, und dann gibt es irgendwann Risse und Abplatzungen, die wieder neue Gefahren aufwerfen“, so Folz. Nach seiner Erfahrung gelte es bei solchen Maßnahmen, durch Probieren und Verfeinern immer einen für alle funktionierenden Mittelweg zu finden. Dies ist nun etwa bei Treppenstufen in der Mischanlage gelungen, die nur noch an den Kanten aufgeraut sind: „Da hatten wir zwischendurch Beläge auf den Stufen, die sich schon zu rutschfest angefühlt haben.“
Unfälle, wo keine passieren sollten
Im Großen und Ganzen sind die offensichtlichen Gefahrenbereiche bei Fuchs heute unter Kontrolle, wie auch Kay-Peter Wagner betont: „Wir werten jeden Unfall aus, daraus ergeben sich immer wieder neue Themenschwerpunkte für die regelmäßigen Meetings im Bereich Sicherheit.“ Was sich dabei jedoch in den letzten Jahren herausgestellt hat: Technisch und organisatorisch lässt sich kaum noch etwas optimieren. Die wenigen Unfälle im Bereich „Stolpern, Rutschen, Stürzen“ geschehen nämlich vor allem an Stellen, an denen eigentlich gar nichts passieren dürfte – wie zum Beispiel auf ebenem, rutschfestem Boden.
Erkenntnisse aus Behavior-Based-Safety-Kursen
„In den Unfallanzeigen stand dann bisher gern mal, die Person habe nicht aufgepasst oder sei, wie man hier in Mannheim sagt, ‚dabbisch‘ gewesen. Das ist aber keine Unfallursache an sich“, sagt Dr. Christoph Brochwitz von der BGHW, der Fuchs am Standort Mannheim als Aufsichtsperson betreut. Gemeinsam mit Jörg Folz hat Dr. Brochwitz bei Fuchs im vergangenen Jahr erstmals Behavior-Based-Safety-Kurse durchgeführt: „Im BBS-Workshop sagen wir dann eher: Die Unfallursache war Ablenkung. Und die Konsequenz daraus: Wer von A nach B läuft, sollte sich nur auf das Laufen an sich konzentrieren und nicht auch noch auf das Handy oder das Klemmbrett.“
Restrisiken und Fehlerkultur
Jörg Folz stimmt zu: „Das ganz große Ziel ist ja die Vision von null Unfällen. Doch noch sind wir da nicht angekommen.“ Natürlich, so Folz weiter, könne man einfach sagen, es gebe halt Restrisiken des Lebens, die wir alle teilen, im Privatleben wie am Arbeitsplatz. Doch lohne es gerade in Unternehmen, eine weitere Minimierung der Risiken anzustreben – und Mittel wie eine gesunde Fehlerkultur oder eben BBS-Seminare könnten hier Wesentliches beitragen: „Letztlich versuchen wir eine Kulturänderung zu erreichen – hin zu mehr Aufmerksamkeit, mehr Hinschauen, und schließlich auch mehr Offenheit, was die eigenen Fehler betrifft.“